Verbotene Reklame-Aufschrift - Greenpeace waagerecht


Im Jahre 1988 passierte mir etwas "Radunsportliches", über das ich heute noch schmunzeln muss. Hier die Zusamenstellung der Ereignisse und Reaktionen aus den Medien.



Pech: Regelwidriges Trikot bringt Jörg Bucher um seinen größten Sieg - DACHAUER NACHRICHTEN
Freitag, 22. Juli 1988

Petershausener Radrennfahrer wurde in Hautzenberg disqualifiziert

Petershausen (mb) - Jörg Bucher, der frühere Soli-Radrennfahrer, der vor zwei Jahren aus sportlichen Gründen zum RSC Wolnzach wechselte, fuhr am vergangenen Wochenende das "Rennen seines Lebens". Bucher fuhr im letzten Lauf des "Caro-Cups", einem A/B/C-Rennen der Amateure in Hautzenberg (Passau), nach 140 Kilometern als Sieger über die Ziellinie. Ob dieser Sieg aber gewertet wird, steht noch nicht fest, denn Bucher fuhr mit einem Trikot, das nicht dem Reglement entspricht.

Jörg Bucher ist überzeugter Fan der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" und zeigt das auf seinem Trikot deutlich. Zu deutlich, denn auf einem Renntrikot ist eine Werbeaufschrift nur quer über die Brust erlaubt, Bucher aber hatte die Aufschrift "Greenpeace" auch senkrecht auf beiden Seiten an-
gebracht. "Ich habe schon zehn Rennen mit diesem Trikot absolviert und nie wurde etwas reklamiert", sagte Bucher in einem BR-Fernsehbeitrag der Sendung "Sport am Montag". Der Petershausener hatte mit diesem Trikot auch schon einmal einen fünften Platz herausgefahren, ohne dabei in Schwierigkeiten geraten zu sein.

Diesmal aber fuhr Bucher in dem 140 Kilometer langen Rennen in Hautzenberg von Anfang an in der Spitzengruppe mit, er setzte sich schließlich mit Stefan Wirt (Landshut) und Winfried Deubler (Schleißheim) vom übrigen Feld ab. In der Reihenfolge Bucher, Wirt und Deubler fuhr das Trio dann über die Ziellinie. Das paßte aber einer Schleißheimer Dame nicht ins Konzept, denn sie legte sofort nach dem Rennen Protest ein und wies auf die regelwidrige Beschriftung auf dem Bucher-Trikot hin. Jörg Bucher wurde aus der Wertung genommen und verliert dadurch eventuell Siegprämie und Pokal, seiner hervorragenden -sportlichen Leistung bleibt der Lohn wahrscheinlich versagt. Bucher aber konterte sofort beim Kampfgericht, denn einen Protest kann nur ein Fahrer - laut Reglement - einlegen, der selbst mitgefahren ist. Nun ist alles noch in der Schwebe und eine endgültige Entscheidung wird wohl erst in 14 Tagen fallen.

"Seit ich dieses "Green-peace"-Trikot trage, habe ich bei allen Rennen einige Leute davon überzeugen können, doch ein wenig über diese Umweltschutzorganisation und die Umwelt selbst nachzudenken, ich wurde oft angesprochen und ich freue mich, einen kleinen Beitrag dafür geleistet zu haben", sagte Jörg Bucher.

 


Protest bringt Bucher um größten Erfolg - Pfaffenhofener Kurier

Wolnzach/Passau. Den größten Sieg seiner Laufbahn als Radrennfahrer feierte der für den RSC Wolnzach startende Steinkirchener Jörg Bucher am Wochenende, doch am grünen Tisch wurde er ihm - wie bereits in unserer gestrigen Ausgabe kurz berichtet - wieder aberkannt. Bei einem Straßenrennen in der Nahe von Passau mit rund 100 Teilnehmern ließ er die gesamte bayerische Radsport-Elite hinter sich. Bereits nach 30 von 140 Kilometern riß er mit dem Landshuter Wirth und dem Schleißheimer Deubler aus und das Trio verteidigte seinen Vorsprung bis zum Ziel. Dank einer geschickten Taktik ging Jörg Bucher im Spurt als erster über die Ziellinie, könnte sich jedoch nicht lange an seinem vermeintlichen Erfolg freuen.

Im Bild zeigt er das "Corpus Delicti" , das zu seiner Disqualifikation führen sollte: Der senkrechte Schriftzug auf seinem Trikot, der laut Sportordnung des Bund Deutscher Radfahrer nicht erlaubt ist. Ein Passus, von dem der RDSler zum ersten Mal hört: Ich bin Sportler, kein Paragraphenreiter. Mit diesem Trikot fahre ich schon seit zehn Rennen, ohne daß es offizielle Beanstandungen gegeben hätte". Am Wochenende jedoch legte die Frau des Drittplazierten, Deubler, Protest ein. Jörg Bacher vermutet, daß dahinter mehr steckt als nur der Versuch, dem eigenen Mann einen Vorteil zu verschaffen. In der Radsport-Szene gebe es nämlich "einige stockkonservative Leute", denen das Trikot mit dem Schriftzug der Umweltschutzogranisation "Greenpeace" ein Dorn ün Auge sei. Ressentiments habe er schon des öfteren zu spüren bekommen.

Das Kampfgericht hielt sich aus der "weltanschaulichen Diskussion" allerdings heraus und begründete die Disqualifikation rein nach dem Statut. Jörg Bucher indes will auch weiterhin seine Überzeugung nicht verheimlichen: "Ich trage mein Trikot, weil ich überzeugter Greenpeace-Anhänger bin, und werde es auch weiter tragen — nur eben mit zugeklebten Seitenstreifen".


Jörg Bucher ist Werbeträger eigener Art: Aber noch ist "Greenpeace" ein Dorn im Auge des Regelwerkes - Radsport am Bodensee

Statuten sprechen klare Worte: Trikotaufschriften erfordern Lizenzeinträge

Ein niedlicher Pinquin blickt vom Trikot, unterstützt von verboten waagrechter Aufschrift. Durch diesen Gesinnungsfeldzug hat sich Radamateur Jörg Bucher vom RSC Wolnzach ins eigene Fleisch geschnitten, und die Wunde sitzt tief für den 32jährigen Sportler, nachdem er das "Rennen seines Lebens" gefahren war. Nach 140 Straßenkilometern gewann B-Amateur Bucher zwar den Endlauf der Caro-Cupserie in Hautzenberg bei Passau, aber diese Siegesfahrt wurde anschließend annuliert. So muß er nicht nur auf seinen A-Aufstieg verzichten, sondern ihm wurden auch Preisgeld und die Siegertrophäe verwehrt. Bucher ist überzeugter Fan der Urnweltschutzorganisatipn "Greenpeace" und zeigt dies auf seinem Trikot überdeutlich. Zum einen verläuft die Aufschrift senkrecht und ist auch nicht in seine Fahrerlizenz eingetragen. Und laut BDR-Sportordnung ist dies untersagt, und demzufolge der Protest, von Schleißheimer Seite erwirkt, nicht gerade unberechtigt. Doch das war dann auch nicht die feine Art, wie die mir eins übergebraten haben, meinte der moralische Sieger. Zu dritt, mit Deubler (Schleißheim) und dem Landshuter Wirth waren sie ausgerissen und haben über 110 Km beinahe wie ein Herz und eine Seele zusammengewirkt. Zwar ist der reuige Sünder nun zur Einsicht gekommen, was die Disqualifikation betrifft, aber trotzdem gibt der Wolnzacher keine Ruhe und will weiterhin auf den "Zahn" fühlen: Nun fahre er das anstößige Trikot eben zugeklebt. Das ist kein Einzelfall: Doch, wenn ein Lizenzfahrer verbotenerweise Wert auf seine Werbekampagnen legt, dann braucht er sich nicht wundern, wenn die Kontrahenten solche Verstöße zu ihren Gunsten nutzen.


Verbotene Reklame-Aufschrift - Greenpeace waagerecht - Süddeutsche Zeitung
23.07.88

Vom Trikot blickt ein niedlicher Pinguin, umrahmt von bunten Streifen und "Greenpeace"-Schriftzügen. Dieses Radfahrer-Trikot, auf Eigeninitiative in kleiner Serie angefertigt, hat der B-Amateur Jörg Bucher schon in einigen Rennen angezogen. "Damit stelle ich mich selbst dar", erklärt er, der Mitglied bei der Umweltschutzorganisation ist und statt profitabler Werbeschriften lieber seine Gesinnung auf dem Rade trägt. Was ihm bisher nie Probleme gemacht hat. Doch am vergangenen Wochenende gewann Bucher ein Rennen, 200 Mark Preisgeld und wurde plötzlich disqualifiziert. Die Lebensgefährtin des Drittplacierten Deubler (Schleißheim) hatte den Protest unterschrieben, dem das Kampfgericht stattgab mit der Begründung: "...wegen unerlaubtem Tragen des Trikots." "Hätteich nackert fahren sollen?" fragt sich Bucher ob der holpernden Formulierung und mutmaßt Methode.

Hans Christoph, Präsident des Bayerischen Radsportverbandes, erklärt hingegen: "Das Trikot entsprach nicht den Wettkampfvorschriften. Schriftzüge müssen in der Lizenz eingetragen sein und dürfen nicht senkrecht verlaufen, egal, ob es Vereinsname, Sponsor oder sonst eine Organisation ist." Was Bucher nicht akzeptieren will, "weil ich für kein Produkt oder Unternehmen werbe, sondern nur zeigen will, daß ich ein Greenpeaceler bin. Genauso gut könnte ,Ich liebe Jesus' draufstehen." Aber nur waagerecht, denn man wolle mit dieser Regelung verhindern, so Christoph, daß "die wie die Litfaßsäulen umeinandradeln". Und Bucher sei ohnehin als "schwieriger Mann bekannt, der immer provozieren will".

Bucher, 32, und in der Versicherungsbranche tätig, hält sich dagegen für "engagiert". Ruft ihn ein Unbekannter an, wird er argwöhnisch ("Ich bin ein Datenschutz-Freak") und den Volkszählungsbogen hat er auch nicht ausgefüllt. Als einer, der sich über so etwas Gedanken macht, fühlt er sich unter den radelnden Kollegen ziemlich alleingelassen. "Man kann sich mit kaum einem über Umweltschutz unterhalten, entweder interessieren sie sich nicht dafür oder wissen einfach nichts. Wer 1000 Kilometer in der Woche trainiert, hat auch keine Zeit mehr, sich mit etwas anderem zu beschäftigen." Weil Bucher die Sache nicht auf sich beruhen lassen will, tritt er an diesem Wochenende zum großen Herpersdorfer Rennen in just jenem Hemd an, die senkrechten Schriftzüge allerdings überklebt. "Da will ich mal auf'n Zahn fühlen", sagt er. Ein Protest gegen das Urteil von Passau ist auch nicht auszuschließen, "denn ich habe einige Formfehler entdeckt". Und wenn alles nichts hilft, "dann lasse ich mir in der nächsten Saison Greenpeace als offiziellen Sponsor in die Lizenz eintragen". Hajo Schumacher


Leserbrief an SZ - den "Stuß" den Bucher von sich gibt

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889O Aichach
Südd.Zeitung Sportred.
Herrn Hajo Schumacher
Aichach,25.7.88

Samstags-Ausgabe:
Sport - Verbotene Reklame-Aufschrift Greenpeace waagerecht

Sehr geehrter Herr Schumacher,

beim Studium Ihrer Samstag Ausgabe ist mir der genannte Artikel über die verbotene Reklame-Aufschrift des Herrn Jörg Bucher aufgefallen. Die Not in Ihrer Berichterstattung muß zur Zeit sehr groß sein, fast schon ein Sommerloch, daß Sie den "Stuß" den Herr Bucher von sich gibt im Hauptsportteil Ihrer geschätzten Zeitung veröffentlichen.

Fest steht, daß Herr Bucher mit seinem Trikot nach den Bestimmungen der Sportordnung des Bundes Deutscher Radfahrer überhaupt nicht an den Start hätte gehen dürfen. Der Protest geht 100%-ig in Ordnung , natürlich auch die Disqualifikation des Fahrers. Der einzige Fehler des Passauer Kampfgerichts bestand darin, daß man Herr Bucher überhaupt erst starten ließ. Wenn er in seinem Greenpeace - Hemdchen gerne im Training fährt, so ist dies allein seine Sache.

Wenn er ein Datenschutz-Freak ist und seinen Volkszählungsbogen nicht ausgefüllt hat, so interessiert das auch niemanden. Es hat auch wahrscheinlich kein Fahrer, die wöchentlich 40 Stunden arbeiten, Lust, sich mit ihm vor dem Rennen oder während des Rennens über Umweltproblemee od. ähnliche Dinge zu plaudern, es hat jeder mit sich selber im Rennen genug zu tun. zudem sollte der Sport doch ein Ausgleich zum täglichen Allerlei sein.

Wer Ihren Bericht liest, muß der Meinung sein, daß Radrennsport etwas für Beklopfte ist und man nur an Rennan teilnehmen kann, wenn man, so Herr Bucher, in der Woche 1000 ? km trainiert. Das ist absoluter Schwachsinn.

Ich selber fahre seit 1962 Radrennen , immer noch mit gutem Erfolg, meine Trainings leistungen liegen in der Saison bei max. 150km in der Woche, für jeden Hobbyfahrer ein Klaks. Ich darf dazusagen, daß ich jährlich zwischen 50 und 60 Rennen bestreite , zudem sämtl. durchfahre und mir so einiges an Training erspare. So konnte ich insgsamt drei Mal das Krit. im Münchner Olympiapark gewinnen, das letzte Mal 1985 (ohne jegliche Werbeaufschrift! ).

Sie sollten sich die Leute, die Ihnen eine solche Story andrehen schon etwas näher anschauen , bzw. sich Platz in Ihrer Zeitung den aktuellen Rennergebnissen widmen.

Im übrigen muß Herr Bucher erst einen Verein finden, der einen Sponsorenvertrag mit Greenpeace abschließt und diesen erst vom Bayer .Verband genehmigen lassen.

Mit besten Grüßen x.xxxxxxx


Null-Dmark-"Sponsorenvertrag" mit Greenpeace

Greenpeace e.V., Vorsetzen 53, 2000 Hamburg 11, Telex 2 164831 gpd, ST (040) 31186-0

Herrn
Jörg Bucher
Leitlweg 7
8069 Steinkirchen
09. 08. 88

Lieber Jörg Bucher,

das Fahrradtrikot hat ja einige Wellen geschlagen. Im Grunde genommen kann man wohl sagen, daß es für Ihre Gegenspieler ein Bumerang war gegen dieses Trikot anzugehen. Es ist auf jeden Fall ein herrlicher Sieg für Sie.

Allerdings hatten wir derartiges mit dem Trikot gar nicht vor. Herr Meier von der Fa. Assos hatte dieses Trikot hergestellt, und uns gebeten,- einen Lizenzvertrag für den Verkauf abzuschließen. Dieses haben wir nicht gemacht, da das Trikot hauptsächlich für wirkliche Rennfahrer produziert war. Da diese Leute häufig Sponsoren haben, wird leicht bei den Zuschauern damit verbunden, daß Greenpeace Radrennfahrer sponsert, was wir jedoch von Spendengeldern niemals machen würden. - Auf der anderen Seite ist das Fahrrad ja ein sehr umweltfreundliches Transportmittel, und wir haben deshalb in unserem Warenversand eine Fahrradtasche für den Alltagsgebrauch.

Da Ihr Fall jedoch schon solche Wellen geschlagen hat, und es für Sie sicherlich peinlich sein würde, wenn wir jetzt keine Vereinbarung mit Ihnen treffen würden, möchte ich auf Ihren Vorschlag eingehen, und mit Ihnen den von Ihnen vorgeschlagenen Vertrag abschließen. Allerdings nur für das Jahr 1989, d. h. konkret ich habe die Verlängerungsklausel aus dem Vertrag gestrichen.

Ich hoffe, daß wir beide mit dieser Vereinbarung leben können und möchte Ihnen für Ihr Engagement sehr danken. Schicken Sie mit bitte l Exemplar des Vertrages unterschrieben zurück.

Mit freundlichen Grüßen
GREENPEACE e. V.
Gerhard Wallmeyerr Anlage




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von Dipl.Ing.(FH)
Jörg Bucher